Beobachtungen im Mai:
Der erste Pirol
von Christian Fackelmann
Die ersten Wiesen werden gemäht und aufgrund der dadurch besseren Erreichbarkeit der Beute zum Treffpunkt für Greif- und Krähenvögel. Im südlichen Landkreis Dachau (Bayern) beobachte ich am 10. Mai vom Rande eines Laubholzbestands eine am Vortag gemähte Wiese. Etliche Dohlen und Rabenkrähen sowie jeweils 1 Kolkrabe, Turmfalke, Mäusebussard, Schwarz- und Rotmilan haben sich versammelt um das Nahrungsangebot abzuschöpfen. Nach heftigem Gewitterregen am Vorabend ist es nun windig, kühl und noch zu gut zwei Dritteln bewölkt. Als sich die Ansammlung nach einiger Zeit auflöst und ich zu einem anderen Beobachtungsplatz wechseln will, höre ich aus der Krone einer Erle am Waldrand den unverkennbaren Flötenruf des Pirols. Zu sehen bekomme ich den Neuankömmling erst nach längerem Absuchen des Kronenbereichs – der erste Pirol für dieses Jahr. Am Folgetag höre ich an anderer Stelle bereits den nächsten.
In der ersten Maihälfte kommt das Groß der nächtlich ziehenden Vögel bei uns an, im August ziehen sie bereits wieder ab. Die Ankunftsdaten des Pirols sind praktisch gleichzusetzen mit dem Zeitpunkt des Gesangsbeginns. Trotz der auffallenden Gefiederfärbung sind beide Geschlechter im Licht- und Schattenspiel der Baumkronen äußerst gut getarnt und bleiben oft unsichtbar. Zudem verlassen sie den Kronenbereich nur selten. Erst im Herbst, nach dem Laubfall, werden die in Astgabeln in den äußersten Ästen eingeflochtenen Nester sichtbar und damit das Zentrum des Aufenthaltsgebietes.
Bessere Möglichkeiten, den Pirol zu studieren, gibt es in einigen süd- und osteuropäischen Ländern, wo die Art stellenweise eine wesentlich höhere Dichte erreicht und auch in kleinen Gehölzen, Parks oder Hausgärten brütet. Eine Gelegenheit, mich intensiv mit dieser Art zu beschäftigen, bot sich vor einigen Jahren im rumänisch-ungarischen Grenzgebiet. Hier konnte ich auf der Fläche eines Botanischen Gartens von 20,5 Hektar zwischen 13 und 15 Pirolpaare feststellen. Ein Mosaik aus Laubholzstreifen, Obstbaumreihen, Pflanzbeeten und Offenflächen bietet dem Pirol einen optimalen Lebensraum und gleichzeitig gute Beobachtungsbedingungen, auch vom Boden aus. Zudem liegen einzelne Nester in lediglich 3,5 bis 5 Metern Höhe.
Ein aus Ästen in Form eines Tipis gebauter und mit Gras abgedeckter Ansitz bot die Möglichkeit, das Geschehen am und um das Nest ohne Störung zu verfolgen. Dabei konnten während der Brutzeit und Jungenaufzucht sowohl viele ruhig verlaufende Tagesabschnitte aber auch etliche für die Elternvögel nervenaufreibende Stunden miterlebt werden. Wenn um den Brutplatz alles ruhig blieb, hielt das Männchen in der Krone des Nachbarbaumes Wache, putzte sich und sang zwischendurch. Für regelmäßigen Stress bei den Altvögeln sorgten vor allem Elstern, umhervagabundierende Artgenossen, Parkbesucher aber auch Personen, die durch die teils fehlende Umzäunung in den Botanischen Garten gelangten. Die offensichtlich erfahrenen Altvögel verteidigten die Brut allerdings sehr vehement und erfolgreich gegen alle potenziellen tierischen Feinde. Dabei wurden selbst für die Brut ungefährliche Vögel, die nur zufällig am Nest vorbeiflogen, bis zum direkten Körperkontakt attackiert – so eine Türkentaube, die dabei einen Schlag auf den Hinterkopf erhielt.
Medien mit Christian Fackelmann:
"Die Stimmen der Greifvögel und Falken" mit 58 Greifvögeln und 45 Falken in 311 Tonaufnahmen * 2 Audio-CDs * ISBN 978-3-938147-17-7
"Erlebnis Zoo" mit 190 Tierstimmen und Geräusche im Zoo * Audio-CD mit 36-seitigem Beiheft * ISBN 978-3-938147-45-0
"Erlebnis Meer" mit 110 Tierstimmen und Geräusche an Meer und Küste * Audio-CD mit 32-seitigem Beiheft * ISBN 978-3-938147-46-7
"Vogelporträt Rotfußfalke" über den Brutzyklus des Rotfußfalken mit 10 Titeln, 11 Tonaufnahmen, 16 Minuten * Download * Art.Nr.: 147178D
"Vogelporträt Pirol" mit 44 Titeln, 50 Tonaufnahmen, 74 Minuten * Download * Art.Nr.: 220432D
"Entspannung Natur - Stimmen der Nacht " Naturimpressionen in kroatischer Nacht. 65 Minuten. * Download * Art.Nr.: 814776D
und viele weitere interessante Vogelaufnahmen im Soundarchiv von Edition AMPLE